Aus der Praxis: Beurteilung

Die hier gegebenen Tipps und Vorschläge beziehen sich ausschließlich auf die Formen der formativen Beurteilung, also auf Beobachtung von Leistungen und konstruktives, effektives Feedback. 

Wie kann ich mündliche Produktion und Interaktion beobachten? 

Videokonferenzen sind sehr gut geeignet, um mit den Schülern und Schülerinnen zu sprechen und ihnen zuzuhören. MS Teams bietet auch Gruppenräume (breakout rooms) an und somit gelingen auch Gruppengespräche bzw. Partnerarbeiten. Der Lehrer/Die Lehrerin kann dann ganz einfach von Raum zu Raum “gehen” und den Schülern und Schülerinnen zuhören. Kleiner Tipp: Excel File oder Klassenliste immer geöffnet haben, um kurze Notizen zu machen. Besonders empfehlenswert ist es mit einem 2. Bildschirm zu arbeiten, um einen guten Überblick zu haben. 

Um Peer Feedback zu ermöglichen, kann man Aufgaben geben in denen z.B. 2 Schüler/innen miteinander sprechen (anhand einer konkret ausformulierten Aufgabe) und 1-2 Schüler/innen geben Feedback anhand eines Beobachtungsbogens, der zur Aufgabe passt (z.B. für Niveau A2). Wenn diese Art des Feedbacks für Schüler/innen noch neu ist, empfiehlt es sich, die Methode vorab detailliert zu besprechen und auch nur 1-2 Kriterien zu evaluieren. Aber diese zeitliche Investition zahlt sich aus. So können Schüler/innen das Peer Feedback als wirklich effiziente und förderliche Lernmethode nutzen. Obendrein entlastet es uns Lehrer/innen ungemein. 

Asynchron:  

Das Wunderbare an der neuen Technik ist die Möglichkeit, gesprochene Sprache auch langfristig zur Verfügung zu stellen. Videos und Audiofiles geben uns die Chance, den Schülern und Schülerinnen wirklich intensives Feedback auf monologisches und dialogisches Sprechen zu geben. 

Eine monologische Aufgabe kann ganz einfach mit dem Smartphone aufgenommen werden und das jeweilige Audiofile wird via Chat dem Lehrer/der Lehrerin geschickt oder auf eine Lernplattform hochgeladen. 

Für dialogische Aufgaben kann man die Kanäle in Teams benutzen indem Schüler/innen in einem Kanal eine Videokonferenz starten und diese aufzeichnen. Diese Aufzeichnung befindet sich für einige Zeit in dem jeweiligen Kanal und wird dann automatisch gelöscht 

Ein ausgesprochen nützliches Tool, um Videos zu produzieren und innerhalb einer Klasse zu verwalten, ist Flipgrid. Man kann Flipgrid auch mit MS Teams nutzen. Sehen Sie hier ein Tutorial Video dazu. Alle von Schülern und Schülerinnen produzierten Videos befinden sich an einem Speicherort. Der Zugriff ist für Lehrer/innen und Schüler/innen sehr einfach. Dadurch bietet sich für Schüler/innen auch die Möglichkeit zur Selbstreflexion. Die Schüler/innen können die eigenen Aufnahmen anhören, anhand bestimmter Kriterien (z.B. mittels Beobachtungsbogen) evaluieren und neu aufnehmen, um sich zu verbessern. 

Wie kann ich rezeptive Fähigkeiten beobachten? 

Für die Beobachtung rezeptiver Fähigkeiten eignen sich vor allem offene Aufgabenstellungen. Die Schüler/innen lesen/hören einen Text oder sehen sich ein Video an. Sie entnehmen daraus jene Informationen, die ihnen wichtig sind (und die sie verstanden haben), und notieren oder markieren sie. Anschließend gibt es verschiedene Möglichkeiten: sie übermitteln ihre Notizen, das Gehörte/Gelesene wird besprochen, sie bekommen den Auftrag schriftlich/mündlich zu reagieren (etwas zu posten/aufzunehmen etc.). Wichtig ist es, im Vorfeld zu überlegen wozu ein Text genutzt und was damit gemacht werden soll. 

Wie bereits erwähnt, gibt es auch einige Tools, die rezeptive Aufgaben so digitalisieren, dass man nachvollziehen kann in welcher Geschwindigkeit und in welchem Umfang die Schüler/innen die verschiedenen Aufgaben zeit- und ortsunabhängig gelöst haben. Sollte ich als Lehrkraft nicht die Möglichkeit/den Wunsch haben, jede einzelne Aufgabe persönlich zu korrigieren, lässt sich bei allen Tools auch eine automatische Lösungsfunktion einstellen. Probieren Sie es zum Beispiel mit Wordwall aus. Erstellen Sie einfach eine Aufgabe und das Programm leitet Sie durch die Möglichkeiten durch. Wenn Schüler/innen lernen, Aufgaben selbständig zu erledigen, ihresungen zu überprüfen und bei Schwierigkeiten nachzufragen, werden sie eigenständiger und übernehmen Verantwortung für ihren Lernprozess.  

Da diese Tools die Leistungen der Schüler/innen speichern, ist es jedenfalls für den Lehrer/die Lehrerin nötig, sich zu registrieren, um auf diese Informationen auch zugreifen zu können. Hier bieten aber auch die allermeisten Tools die Möglichkeit sich direkt mit der eigenen MS 365 E-Mail-Adresse einzuloggen.  

Empfehlenswert sind: Wonderwall, Nearpod, H5P, Socrative oder Quizalize. Jedoch können MS oder Google Forms auch jederzeit für Übungen zu den rezeptiven Fertigkeiten genutzt werden. 

Für audio-visuelles Verstehen bietet die App EdPuzzle sehr gute Möglichkeiten zur Umsetzung und das asynchrone Beobachten der Leistungen der Schüler/innen. 

Kahoot!, Quizlet Live, oder auch Quizziz können ebenfalls genutzt werden.  

Formen der schriftlichen Produktion/Interaktion und wie kann ich darauf Feedback geben? 

Tools in MS Teams oder auf anderen Plattformen bieten die Möglichkeit parallel an einem Worddokument zu arbeiten. Dies eignet sich besonders gut, um zu Beginn zu zweit oder zu dritt in einem Gruppenraum (breakout room) Ideen für die Erfüllung einer Aufgabenstellung zu sammeln. Das Feedback darauf wird am besten mündlich, eventuell mit einer kurzen Sprachnachricht, gegeben.   

Den (ersten) Text scheibt dann jede/r Lernende daheim/außerhalb des Unterrichts und gibt ihn auf der verwendeten Plattform ab. Grundsätzlich gibt es dabei kaum Unterschiede zwischen dem Distance Learning und dem Präsenzunterricht. Denn auch im Präsenzunterricht erfolgt eine schriftliche Produktion oder Interaktion meist asynchron, also nicht im Unterricht selbst, die Ergebnisse werden aber zumeist über Plattformen abgegeben und auch dort (formativ) beurteilt.  

Wozu sich allerdings das Distance Learning gut eignet, ist die gemeinsame Weiterarbeit an einem bereits formativ beurteilten Text. Dazu beschränkt man die Arbeit am besten auf ein oder zwei Kriterien, die, wie oben ausführlich erwähnt, vorher klar und verständlich formuliert worden sind, und lässt die Schüler/innen gemeinsam in Gruppenräumen an einer zweiten, verbesserten Version ihrer Texte arbeiten. Der erste Vorteil liegt schon darin, dass sich zwei unterschiedliche Personen mit dem Feedback auseinandersetzen und in der Diskussion darüber das Verständnis des Feedbacks sicherstellen. Bei Bedarf ist der Lehrer/die Lehrerin immer über den Chat oder die gemeinsame Videokonferenz erreichbar. Wichtig dabei ist, dass Sie eine Zeitvorgabe für die Bearbeitung eines Textes geben und dass nach Ablauf dieser Zeit am zweiten Text ebenso lange gearbeitet wird.

Eine weitere Möglichkeit ist, Erstversionen von zwei bis drei Schüler/innen zu anonymisieren und zu kommentieren. Über den geteilten Bildschirm können dann in der Videokonferenz alle Schüler/innen den kommentierten Text sehen und Verbesserungsvorschläge machen. Die verbesserten Texte werden den Schüler/innen zur Verfügung gestellt und sie überarbeiten auf dieser Basis ihre eigenen Texte. Erst dann gibt der/die Lehrerin Feedback auf jeden einzelnen Text. 

Sie könnten nun einwenden, dass das viel Unterrichtszeit in Anspruch nimmt. Damit haben Sie Recht, aber wie John Hattie sagt, wichtig ist, was mit Feedback gemacht wird, nicht dass viel Feedback gegeben wird. Damit verhindern Sie auch, dass Sie selbst viel Zeit und Energie in Feedback investieren, das dann aber nicht genutzt wird. Weniger Korrekturarbeit des/der Lehrenden bedeutet in diesem Fall eindeutig mehr und effektiveres Arbeiten der Schüler/innen. 

Peer-Feedback muss gelernt werden, aber im Hinblick auf unser Ziel möglichst autonome Lerner/innen auszubilden, ist diese Zeit gut investiert! 

Kollaboratives Arbeiten ist eine Schlüsselqualifikation der Arbeitswelt und sollte im Distance Learning unbedingt Raum haben. Der Mehrwert liegt in einem veränderten Lernprozess, der die Lernenden in den Fokus rückt.